Buchstapel-Stöckchen²

Ich fand’s ja damals so toll. & deswegen gibt’s davon noch ein zweites. & vllt irgendwann sogar ein drittes & viertes.
Diesmal sind es die Kellerbücher, da es ganz zufällig eben auch 5 sind. In korrekter Reihenfolge, da ihr das Bild von gestern ja schon kennt:

1. Morton Rhue – Ich knall euch alle ab!
2. Gudrun Pausewang – Die Wolke
3. Elizabeth George – Gott schütze dieses Haus
4. Suzanne Segal – Kollision mit der Unendlichkeit
5. Moliere – Der eingebildete Kranke

Erster Satz des ersten Buches:
Für ein Ende der Jugendgewalt.

Letzter vollständiger Satz auf Seite 50 des zweiten Buches:
Janna-Berta verstand, dass der Busfahrer versucht hatte, den Weg über die Kreuzung zu erzwingen.

Zweiter vollständiger Satz auf Seite 100 des dritten Buches:
Die haben bestimmt was Besseres zu tun, als auf Friedhöfen rumzuwandern.

Vorletzter vollständiger Satz auf Seite 150 des vierten Buches:
Doch wer soll den Verstand zur Ruhe bringen?

Letzter Satz des fünften Buches:
Mögen alle Jahre ihm günstig & gewogen sein, & möge er niemals Pest, Pocken, Fieber, Rippenfellentzündung, Schlaganfall oder Ruhr bekommen.

Finale: Aus all diesen Sätzen eine Geschichte bilden:
Janna-Berta verstand, dass der Busfahrer versucht hatte, den Weg über die Kreuzung zu erzwingen. Der Busfahrer, von dem sie schon schlimme Sachen hörte. Drogen solle er verticken. & mit Waffen soll er auch handeln. & heimlich karrt er die Kinder zu einer Halle, in der er sie versteckt. Die Eltern suchen nach ihnen, doch sie werden nie wieder gefunden, nie wieder. Warum er es tat? Sie wusste es nicht. Genau genommen war es ihr sogar egal, sie konnte nicht verstehen, wieso ein Mensch so grausam sein konnte, Kinder zu entführen. & nun stand er vor ihr. Schnitt ihr mit dem Bus den Weg ab. Gleich würde er aussteigen & auch sie mitnehmen. Gerade 14 geworden & ihr war sofort bewusst, dass sie ihr 15. Lebensjahr nicht mehr miterleben würde. Sie würde so enden wie alle anderen, wie die, die dort schon im Bus saßen, & dann werden sie deportiert, wie damals, im Krieg. Ja, so fühlte sie sich, wie im Krieg. Janna versuchte wegzulaufen. Zu spät, viel zu spät, er riss an ihrem Ärmel, zerrte sie zu sich, hielt ihr den Mund zu, so dass sie nicht mehr schreien konnte. Denn das war das einzige, was ihr blieb. Schreien. In der Hoffnung, jemand würde sie hören, doch niemand hörte sie, auf dieser gottverlassenen Kreuzung. & sie versuchte zu schreien, weinte, bis plötzlich ihre Kräfte nachgaben & sie ohnmächtig wurde.
In einer großen Halle wachte sie auf. Um sie herum weinten sie alle, doch sie wusste nicht mehr, wie sie hierher gekommen war. Aber eins wusste sie ganz sicher – Sie musste hier raus. Langsam lichtete sich ihr Verstand. Doch wer soll den Verstand zur Ruhe bringen? „Rational denken!“, sagte sie sich leise. „Du wirst einen Weg finden, hier raus zu kommen.“ Mit schmerzenden Gliedern stand sie schwankend auf & ging zur Tür. „Wie konnte ich nur so dumm sein?!“, sagte sie innerlich, als sie feststellen musste, dass die Tür alles andere als sperrangelweit auf war. Ihre Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit & so konnte sie auch einen groben Überblick finden, wieviel Leute noch hier waren.. „& wenn wir uns alle gegen die Tür stemmen?“, überlegte sie weiter. Ihre Hände noch klatschnass, hangelte sie sich die Wand entlang zu den anderen & verkündete ihre Idee. „Na ja, besser als auf den Tod zu warten…“, sagte einer der Jungen, wenn auch nicht von sich überzeugt. Es dauerte noch einige Minuten, bis sie alle von dem Plan überzeugt wurden, doch bildeten sie dann eine Menschentraube, die sich mit voller Geschwindigkeit gegen die Tür bewegte. Ein dumpfer Knall. Sie prallten zurück. In der Dunkelheit konnte Janna-Berta nicht erkennen, dass es eine Stahltür war.
Plötzlich knackte etwas. Schritte kamen näher aus sie zu, teilweise noch auf dem Boden liegend, manche stehend & zitternd. Dann sprach eine Stimme zu ihnen: „Das habt ihr euch ja fein ausgedacht. Ja, wirklich süß, dieser mickrige Versuch, hier rauszukommen. Durch eine Stahltür!“, lachte er hämisch. Als erstes meldete sich ein großes, schmales Mädchen zu Wort. Janna war selbst überrascht, hätte sie doch egtl gedacht, sie würde schon beim ersten Windhauch umfallen. & nun legt sie sich mit diesem Typen an. „Warum? Warum machst Du das alles?“ – „Für ein Ende der Jugendgewalt!„, sagte die markante Stimme ganz. „Du Penner verschleppst uns, damit unser Eins nicht mehr gewaltätig wird? Meine Fresse, wahrscheinlich fickst Du auch für die Jungfräulichkeit & glaubst noch daran, dass Krombacher wirklich Regenwald rettet?“ Er schnappte sie & zog sie mit sich. Eine Tür knallte zu & Stille legte sich über sie. Der Junge, mit dem sie als erstes sprach, durchbrach sie: „Die werden wir wohl nicht mehr wiedersehen!“ Wieder finden die Mädchen an zu schluchzen. Dann fiel der Schuss. Wie im Chor hörte man einen Aufschrei des Entsetzens. Janna überlegte, wer wohl als nächstes dran glauben sollte. „Ob er eine bestimmte Taktik verfolgt?“, fragte sie in den Raum. Keiner hörte ihr zu. Die Tür ging wieder auf. „Ihr seht, was passiert, wenn man sich mit mir anlegt!“ – „Unsere Eltern werden bestimmt schon nach uns suchen!“ – „Eure Eltern.. Eure Eltern haben euch doch nicht mal Anstand beigebracht, wieso sollen sie euch vermissen? Eure Eltern werden euch nicht vermissen! Ihr wart irgendwie da. Egtl brauchen sie euch nicht. & das wisst ihr. Dort, wo ihr hinkommt, wird es so viel besser für euch sein.“ – „Die haben bestimmt was Besseres zu tun, als auf Friedhöfen rumzuwandern.“ – „Werden sie auch nicht. Ihr werdet in Vergessenheit geraten, viel schneller, als euch lieb ist.“ – „Oho, sprechen Sie aus eigener Erfahrung?“ Mit bitteren Schmerz wusste Janna nun, wer das nächste Opfer wird. Wieder schnappte der Mann sich den Jungen & riss ihn an seinen Haaren zur Tür. Sie knallte erneut zu.
Langsam fühlte selbst Janna den nahenden Tod. Sie rutschte rücklings an der Wand herunter. Ihre Arme auf den Beinen, weinte sie still vor sich hin. Sie wollte noch so viel machen, so viel erleben.. „Fang ich nun schon an zu halluzinieren?“, sagte es & blickte weiter stur gerade aus. Die Kraft aus ihrem Beinen war gewichen. Im Schneckentempo kroch sie rüber auf die andere Seite. & hielt plötzlich ein morsches Stück Holz in der Hand. Hoffnung keimte in ihr auf. „Wenn ich es den anderen sage & ihm dann damit eins überhaue.. “ Natürlich würde nicht passieren, aber sie hoffte auf den Überraschungeffekt. „Wenn die anderen sich dann auf ihn stürzen..“ Sie versuchte sich auf die Beine zu stellen. Alles andere als sicher kam sie zum Stand, doch es dürfte reichen, um bis zur anderen Seite zu kommen. Sie setzte immer einen Fuß vor den anderen, bis sie angekommen war. Schnell erzählte sie von ihrer „Eroberung“ & jenem, was sie damit vorhat.
Nun standen sie da. Janna-Berta wurde in das Niederstürz-Kommando gesteckt, ihr fehlte einfach die Kraft, richtig zuzuschlagen. Diesen Part übernahm ein, wie sie fand, teddyähnlicher Junge, den sie von irgendwo her kannte.
Der Schlüssel wurde in die Tür gesteckt. „Bereit machen!“, flüsterte Teddy den anderen zu. Quietschend öffnete sich die Türe, er trat ein & bekam zugleich eins mit dem Balken übergezogen. Die anderen warfen sich daraufhin auf ihn.
KNALL! Ein Schuss. Doch es war nicht einer von ihnen, den er traf. Es traf ihn selbst, mitten ins Bein. Schnell rannten alle der offenen Tür entgegen, atmeten frische Luft ein. Dann sahen sie sie. Die beiden Opfer. Direkter Kopfschuss. Einer der Jungs rannte zur Straße, sie zwar weit gelegen war, aber die einzige Hoffnung auf wirkliche Rettung war. Nach 10 Minuten kam er zurück. Mit einem Mann, vollbärtig, aufregt. „Die Polizei ist unterwegs, Krankenwagen ebenfalls!“ Er versuchte die Kinder zu beruhigen.
Janna war beeindruckt. Von Teddy. Lächelnd sah sie zu ihm rüber. So viel Mut. Jetzt erinnerte sie sich wieder, woher sie ihn kannte. Er war der Junge, der von den Mitschülern immer gehänselt wurde. & doch bewies er soviel Lebensmut. „Mögen alle Jahre ihm günstig & gewogen sein, & möge er niemals Pest, Pocken, Fieber, Rippenfellentzündung, Schlaganfall oder Ruhr bekommen.„, philosophierte sie, den Blick gen Himmel, vor sich hin.

~ von Miss Ann Thropy - 27. Juni 2011.

2 Antworten to “Buchstapel-Stöckchen²”

  1. Deine Geschichten beeindrucken mich immer wieder. Ganz ehrlich 🙂

&, noch was zu sagen?